José Rizal – Lebensgeschichte

Über Dr. José Rizal

José Rizal (1861 – 1896) entstammte einer angesehenen Familie mit zehn Geschwistern aus Calamba auf der Hauptinsel Luzon in den Philippinen. Aufgrund ihres Fleißes hatten es die im 17.Jahrhundert aus China eingewanderten Vorfahren als Bauern und Markthändler zu erheblichem Wohlstand gebracht. Sie waren Pächter des Dominikanerordens, der ihre Mühen der Urbarmachung des Bodens mit unredlichen Mitteln ausnutzte. Seine autobiografischen Romane legen davon Zeugnis ab.

Früh litt die Familie unter der Diskriminierung als „Indio“. So wurde Jose als Student aus nichtigem Grund von der Polizei gedemütigt und verprügelt. Die von ihm hochverehrte Mutter wurde verleumdet und musste sich wegen angeblichen Giftmordes gerichtlich verantworten. Sie wurde nach langem Gefängnisaufenthalt freigesprochen. Sein älterer Bruder Paciano war ein Freund des 1872 wegen Rebellion zum Tode verurteilten Pater Jose Burgos, den man beschuldigt hatte, am Aufstand von Cavite aktiv teilgenommen zu haben. Paciano musste längere Zeit untertauchen. Auch deshalb hat die Familie ihren Namen Mercado (Markt) in Rizal (Reisfeld) geändert. Damit bekannten sie sich auch äußerlich zu den Indios (Filipinos).

Die Eltern ermöglichten dem hochbegabten Josè den Besuch der angesehensten katholischen Schulen und Universitäten Manilas (Ateneo und St. Thomas). Jährlich wurde er als Jahrgangsbester ausgezeichnet. Wegen der immer vorhandenen Vorurteile und der Bildungsverweigerung gegenüber seinen Landsleuten, geriet er in Streit mit seinen Lehrern. Daher hat er seine naturwissenschaftlichen-, Medizin- und Literaturstudien vorzeitig abgebrochen. Mit 21 Jahren verließ Rizal seine Heimat und setzte sein Studium in Madrid fort. Auch hier gewann er mehrere akademische Preise, bestand seine Prüfungen mit Auszeichnung. Sprachen lernte er spielend, er soll 22 Sprachen beherrscht haben.

Rizal in Ateneo-Uniform
Rizal in Studentenuniform

Nach dem Examen spezialisierte er sich in Paris bei Professor Louis de Weckern und anschließend bei Professor Otto Becker in Heidelberg im Fach Augenheilkunde, die eine neue Operationsmethode zur Katarakt-Behandlung entwickelt hatten. Damit bereitete er sich auf die Operation seiner Mutter vor, der die Erblindung drohte. Daneben suchte er Ruhe, um seinen sozialkritischen und revolutionären Roman „Noli me tangere, Rühr mich nicht an“ fertigzustellen. Das gelang ihm im Heidelberg nahe gelegenen Odenwalddorf Wilhelmsfeld. Als Hausgast des evangelischen Pfarrers Karl Ullmer machte er sich mit der badischen Revolution von 1848 vertraut, deren Ziele Ullmer schon in jungen Jahren unterstützt hatte. Außerdem pflegte er den engen freundschaftlichen Kontakt mit dessen katholischen Amtsbruder Hermann Bardorf.

Deutsch lernte Rizal im Pfarrhaus mit Schillers Freiheitsdrama „Wilhelm Tell“, das er zwei Monate nach Verlassen von Heidelberg in Leipzig in seine Muttersprache Tagalog übersetzte. Er reiste weiter nach Berlin wo er seinen ersten Roman drucken ließ. Beeindruckend war für ihn das Zusammentreffen mit dem Forscher, Pathologen und Parlamentarier Professor Rudolf Virchow. Der nahm Rizal in die anthropologische Gesellschaft auf. Eine nicht übliche Ehre für den jungen Filipino und ein Zeichen der damaligen Weltoffenheit deutscher Wissenschaftler. Auf der anschließenden Reise durch das Habsburgerreich, Schweiz und Italien traf er den damals führenden Philippinenforscher Professor Ferdinand Blumentritt aus Leimeritz an der Elbe, heute Tschechien, kennen. Ein intensiver Briefwechsel bis zu Rizals Tod zeugt von Freundschaft und Vielschichtigkeit der gemeinsamen Interessen.

1887 nach seiner Rückkehr auf die Philippinen wurde sein antikoloniales und glaubenskritisches Buch von der Kirche und der Kolonialregierung zum ketzerischen, gottlosen und antipatriotischen Machwerk erklärt und verboten. Der politischen Verfolgung entzog er sich durch eine lange Reise nach Europa.

In den Jahren 1888-91 betrieb er historische, politische und naturwissenschaftliche Studien in London mit anschließendem Aufenthalt in Madrid, Paris, Brüssel und Gent. Außerdem traf er sich mit demokratisch und revolutionär gesinnten Landsleuten, die den gleichberechtigten Anschluss der Philippinen anstrebten. Gemeinsam dachte man über Wege zu einem friedlichen Befreiungsprozess nach. Leider gelang es ihm nicht, die Revolutionäre von einer notwendigen einvernehmlichen Ausrichtung zu überzeugen. 1891 veröffentlichte Rizal in Gent seinen zweiten Roman „El Filibusterismo“, der noch größeres Aufsehen erregte und ebenfalls verboten und auf den Index gesetzt wurde. In der zweiten Hälfte von 1891 verließ er Europa und lebte in Hong Kong.

1892 zurück in Manila, hat Rizal in Tondo mit geistesverwandten Intellektuellen die Liga Filipina gegründet. Sie wollte den Archipel politisch und ökonomisch einigen, auch diese trat für die Gleichbehandlung der Filipinos mit den Spaniern ein. Seine politischen Ziele hatte Rizal schon zuvor in der demokratischen Zeitung der Auslandsfilipinos in Barcelona „La Solidaridad“ regelmäßig vertreten, interessanterweise unter seinem freimaurerischen Pseudonym Dimasalang. Die Liga wurde nach Rizals Verbannung nach Dapitan bedeutungslos. Der später gegründeten militanten Nachfolgeorganisation Katipunan ist er bewusst nicht beigetreten.

Kirche und Kolonialmacht verkannten die auf friedlichen und lernorientierten Wandel angelegten Forderungen Rizals.

Dr. José Rizal im Alter von 31

Im vierjährigen Exil entwickelte er fast übermenschliche Aktivitäten. Er gründete ein kleines Hospital, wo er als Arzt praktizierte, baute eine moderne Trinkwasserversorgung auf, übertrug ein englisches Wörterbuch in seine Heimatsprache Tagalog und fand Gelegenheit, seine naturwissenschaftlichen Studien weiter zu führen. Heute tragen ein Käfer, eine Eidechse und ein Frosch den Eigennamen Rizali, die nach Dresden gesendeten Exemplare waren bis dahin unbekannt.

Politisch war er aber kaltgestellt. Das Ende seiner Ächtung erreichte er beim Gouverneur dadurch, dass er sich freiwillig für den militärärztlichen Dienst auf Kuba gemeldet hatte. Als 1896 der militärische Aufstand der Katipunan ausbrach, galt Rizal für die Spanier und Dominikaner als geistiger Anführer der Revolution, deshalb wurde er verhaftet, vor ein Militärgericht gestellt und wegen Anstiftung zur Rebellion und Hochverrats angeklagt. Nach einem kurzen Verfahren wurde er zum Tode verurteilt. Am 30.12.1896 wurde er auf dem Bagumbayan-Feld erschossen.

An seinen Freund Blumentritt schrieb er am Vortag aus seiner Zelle:

„Ich bin unschuldig und sterbe gewissensruhig“.

Die Hinrichtung Rizals wird heute als Nationalfeiertag der Philippinen begangen. Das Ereignis sollte sich auch für Spanien als tragisch erweisen. Es hatte den möglichen Verbündeten für eine friedliche Revolution aus dem Wege geräumt und sich auf eine militärische Auseinandersetzung eingelassen, die mit dem endgültigen Verlust der Philippinen verbunden sein sollte. Man hatte es versäumt, El Filibusterismo zu lesen oder verstehen zu wollen.

Quelle: Dr. Hans Hack  und Lucien Spittael, Gent, Belgien